Technisch reibungslose Wahl

Jedes Jahr finden an der FAU Hochschulwahlen statt, nun schon im zweiten Jahr digital. Dahinter steckt nicht nur Programmierarbeit am Regionalen Rechenzentrum Erlangen, sondern auch viel interdisziplinäre Zusammenarbeit.

Jeder erwachsene Mensch, der bereits an einer Bundestags- oder Kommunalwahl teilnehmen durfte, kennt das Prinzip: Einige Wochen vor der Wahl bekommt man einen Brief, die Wahlbenachrichtigung. Am Tag der Wahl begeben sich dann alle Wahlberechtigten in ein Wahllokal, um ihre Stimme abzugeben. Man identifiziert sich zuerst mit seinem Personalausweis und der Wahlbenachrichtigung, gibt dann in einer Wahlkabine seine Stimme ab und wirft sie zum Schluss in eine versiegelte Wahlurne. Genau so funktionieren auch Hochschulwahlen an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) – nur digital. Damit war die FAU 2021 die erste bayerische Hochschule mit mehr als 38.000 Studierenden, die Online-Wahlen abgehalten hat – auch die Option auf Briefwahl besteht weiterhin. Für den technisch einwandfreien Ablauf der Online-Wahlen vom 27. Juni bis 4. Juli 2022 sorgte ein Team des Regionalen Rechenzentrums Erlangen (RRZE).

So funktionieren die Wahlen an der FAU

Die Wahlbenachrichtigung an der FAU kommt in der Regel per E-Mail. Für die Wahl selbst braucht es dann drei Systeme, um eine freie, gleiche und geheime Wahl zu ermöglichen: „Für die Wahlen wird das Wahlverwaltungssystem benötigt, darin werden die personenbezogenen Daten verarbeitet. Dazu kommt dann die Abstimmungssoftware, die vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik zertifiziert ist, in der die Wählenden ihre Stimme abgeben und letztlich unser Wahlportal, das die Authentifikation ermöglicht und damit jedem Wahlberechtigten eine Stimme gibt“, erklärt Björn Reimer. Er kümmert sich um die organisatorische Koordination des Hochschulwahlsystems am RRZE. Selbstverständlich sind alle drei Systeme über Schnittstellen miteinander verbunden.

Das Wahlteam am RRZE besteht aus bis zu zehn Mitarbeitenden, die an verschiedenen Stellen des Projekts ihre Expertise einbringen. So kümmern sich einige um die Erstellung der nötigen Dokumentenvorlagen, andere stellen die Barrierefreiheit sicher oder testen, ob auch alles funktioniert. Trotzdem hat das Team des RRZE ausschließlich Zugriff auf die Wahlverwaltungssoftware und auf das Wahlportal. „Das hat auch seinen Sinn, denn wir sollen und dürfen nicht nachvollziehen können, ob jemand gewählt hat“, sagt Kai Starke, im Team für die technische Koordination zuständig. „In den von uns betreuten Systemen wird lediglich gespeichert, ob jemand wahlberechtigt ist oder nicht.“

Kommunikation und Verständnis für andere Berufsgruppen

Für eine reibungslose Wahl ist deshalb viel Arbeit notwendig; die intensivste fand innerhalb von drei Monaten statt. „Wir haben das Wahlportal in diesem Jahr komplett überarbeitet. Zwar haben wir die Grundstrukturen behalten, neu ist aber die Datenrepräsentation“, erklärt Reimer. „Ein Lernprozess war zum Beispiel, dass für das Wahlportal nur eine aktivierte IdM-Kennung, keine FAU-Mailadresse benötigt wird. Das hat die Datenintegration aus dem Wahlverwaltungssystem erleichtert und Fehlerquellen reduziert.“ IdM ist das Identitätsmanagement der FAU.

So etwas erfordert aber auch sehr viel Kommunikation und interdisziplinäre Zusammenarbeit. „Wir arbeiten deshalb eng mit dem Kanzlerbüro der FAU zusammen, wir können schließlich nur für die technische Umsetzung sorgen. Die juristische Sicht muss aus dem Kanzlerbüro kommen“, sagt Reimer. Trotzdem können die Mitarbeitenden des RRZE die juristische Sicht nicht außer Acht lassen. „Ohne Kommunikation und ohne Verständnis füreinander werden die Projekte nichts. Die Denkweisen sind so unterschiedlich, dass man sich erst einmal auf die jeweils andere einlassen muss“, beschreibt Starke die Ausgangslage.

„Wir hatten zum Glück eine für alle Projektteilnehmenden zugängliche Kommunikationsplattform, die uns einen strukturierten Austausch ermöglichte. Per E-Mail alleine wäre dies nicht so einfach möglich.“ Es geht dabei vielfach darum, wie Daten ins System übernommen werden müssen. Das beginnt damit, dass beispielsweise abgeglichen werden muss, welcher Wählergruppe die Person zugeordnet wird, denn arbeiten Studierende, zählen sie ab einem gewissen Stundenkontingent als Mitarbeitende und damit zu einer anderen Wählergruppe, erklärt Reimer. Eine weitere Besonderheit ist, wenn Datensätze anders sind als erwartet. Das ist beispielsweise der Fall, wenn sich jemand bei der Eingabe des Geburtsortes in einer der Datenquellen für die Wahldaten (z. B. Studierendenverwaltung, Mitarbeitendenverwaltung der FAU, des Uniklinikums oder im IdM) vertippt oder die Stadt inzwischen anders heißt. „Das führt zu Nachfragen, weil hier verschiedene Systeme zusammengeführt werden müssen und dann fallen Schreibfehler auf und müssen bereinigt werden“, erklärt Starke. „Andernfalls stimmt die Wahl nicht.“

Wahlen sind aufwändig und komplex

Bei jedem Schritt sitzt immer auch ein bisschen die Zeit im Nacken. Denn der Termin für die Wahl steht bereits zu Beginn fest. Insgesamt sind fünf Datenimporte vorgesehen und jedes Mal gilt es auch sicherzustellen, dass sich keine neuen Fehler eingeschlichen haben. Die Tests zielen zum Beispiel darauf, ob für die Wahlberechtigten eine Wahl überhaupt möglich ist, ob die Anleitungen stimmen oder ob die Wahl barrierefrei ist, blinde und sehbehinderte Menschen also genauso durch die Wahl geleitet werden wie andere. „In jeder Phase ist es spannend, ob wir pünktlich fertig werden, denn sonst wird es kritisch“, sagt Reimer. Zum Beginn der Wahl wird die elektronische Wahlurne versiegelt. Das bedeutet, ab diesem Zeitpunkt ist nichts mehr anpassbar. Zwar könne man den Wahlzeitraum unter Umständen verlängern, die Gründe müssten aber zwingend transparent kommuniziert werden. „Wahlen und Demokratie sind in der Realisierung immer aufwändig und komplex, deshalb ist es spannend, an diesem Projekt beteiligt zu sein“, sagt Starke.

Ziel einer jeden Wahl ist natürlich, dass sie problemlos verläuft und kein Anfechtungsgrund besteht. Und so ist es hervorragend, dass Reimer nun sagen kann: „Die diesjährige Wahl ist aus technischer Sicht reibungslos verlaufen.“ Ein Grund zum Ausruhen ist das für das Wahl-Team nicht. Schon jetzt wird überlegt, an welchen Schrauben gedreht werden kann, dass die Arbeit im nächsten Jahr für alle Beteiligten noch leichter wird und dass potenzielle Fehlerquellen durch Automatisierung und weitere Prüfungen weiter reduziert werden. 2023 wird wieder eine Hochschulwahl stattfinden, auch großteils elektronisch, doch dann sind alle Mitglieder der FAU zur regen Teilnahme aufgerufen, nicht nur die Studierenden.

Weitere Informationen und Ergebnisse zur Hochschulwahl


Text: Corinna Russow