Quantensimulatoren im Test am RRZE

Ein Team der Forschungsgruppe Netz am Regionalen Rechenzentrum Erlangen widmet sich gerade im Auftrag des DFN-Vereins einer besonderen Zukunftsperspektive im Netz: den Quantennetzen – und das obwohl es sie genau genommen noch gar nicht richtig gibt.

Die Grafik zeigt links und rechts eine stilisierte Person. Links sitzt Alice, rechts Bob. Dazwischen wird Kommunikation stilisiert: Oben ist die derzeit mögliche Kommunikation zu sehen: eine Linie, die verschlüsselte Kommunikation. Sie wird von sogenannten Trusted Nodes unterbrochen. Unten ist eine QuantenKommunikation stilisiert, statt einer geraden Linie ist es eine schraffierte Linie, die von Repeatern unterwegs verstärkt wird.
Abhörversuche bei verschlüsselter Kommunikation sicher bemerken, das ist ein Ziel in der Quantennetzforschung (Grafik: Sascha Schweiger).

Alice und Bob* forschen mit hunderten Kilometern Entfernung am gleichen Projekt. Miteinander verschlüsselt kommunizieren ist bereits möglich. Eine große Erleichterung wäre es allerdings, wenn man davon ausgehen könnte, dass man einen Abhörversuch sicher bemerkt. Dies geht nur mit einem Quanten-basierten Schlüsselaustausch: Hier werden anstelle von aktuellen kryptografischen Methoden, Quantenphänomene für die Schlüsselerzeugung und Übertragung benutzt, die sich nicht berechnen lassen.

Eine verlockende Aussicht, aber funktioniert das auch, wenn Alice hunderte von Kilometern von Bob entfernt ist? „Jein. Grund dafür ist, dass die Dämpfung (in den Glasfasern) über so große Distanzen das Signal zu stark abschwächt und Bob keine Informationen mehr erhält“, erklärt Sascha Schweiger, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Regionalen Rechenzentrum Erlangen (RRZE). Können Quantennetze dieses Problem lösen? „Ja, für diese Aufgabe bräuchte man sogenannte Quantenrepeater. Derzeit ist die Forschung noch nicht so weit fortgeschritten, um die dafür benötigte Technologie bereitzustellen. Aber hoffentlich wird das schon in der nahen Zukunft sein“, sagt Martin Seidel, ebenfalls wissenschaftlicher Mitarbeiter am RRZE.

Abhilfe schaffen derzeit sogenannte Trusted Nodes, in denen das Signal mehrmals ent- und verschlüsselt wird. Und hier liegt die Schwachstelle: Die Informationen liegen in diesen Zwischenstationen (Trusted Nodes) unverschlüsselt vor.

Schon jetzt kann man die Auswirkungen erforschen

Mit Hilfe von geeigneten Quantennetzwerksimulatoren lässt sich schon jetzt das Verhalten und die Auswirkung dieser Bauteile auf das Internet mit integrierter Quantentechnologie studieren. Daher rentiert es sich, sich jetzt einen genauen Überblick über unterschiedliche Quantensimulatoren zu verschaffen und deren Fähigkeiten zu evaluieren. Dabei den Überblick über den Stand der Technik zu halten (oder zu wissen, welche Simulatoren geeignet sind) ist schwer.

Diesem Thema widmet sich ein Team der Forschungsgruppe Netz am RRZE, dem Seidel und Schweiger angehören im Auftrag des Deutschen Forschungsnetzes (DFN): „Die Quantentechnologie ist ein sehr weites Feld. Wir arbeiten uns in die Thematik ein und berichten, was für den DFN-Verein interessant sein könnte“, erklärt Schweiger das Projekt „Zukunftsperspektiven im Netz: Untersuchungen zu Quanten-Netzen, Zeitsynchronisation und effiziente Ressourcenverwaltung im Netz“. Geleitet wird es von Dr. Susanne Naegele-Jackson, verantwortlich für alle Projekte der Forschungsgruppe Netz am RRZE.

Quantennetze sind Zukunftsmusik

Das Projekt gliedert sich in mehrere Schritte: „Angefangen haben wir damit uns in die Quantentechnik einzuarbeiten, und gefragt: Was gibt es und wo könnten Verknüpfungen stattfinden?“, sagt Seidel. Im nächsten Schritt haben sie evaluiert, welche Quantensimulatoren es gibt und wie diese funktionieren. „Insgesamt kann man drei Arten von Quantensimulatoren unterscheiden: lokal auf dem Rechner installierte Simulatoren, Cloud-Simulatoren und Simulatoren auf Quantencomputern, die große Firmen anbieten“, erklärt Schweiger. Die beiden haben viele verschiedene Arten von Simulatoren ausprobiert und überprüft: Welche von den Simulatoren eignen sich, um Netzwerke einfach zu simulieren? Welche Plattformen bieten einen kostenlosen Dienst und welche bieten Zugriff auf reale Umgebungen? Welches System ist benutzerfreundlich? Solche und ähnliche Fragen haben die beiden Wissenschaftler dabei im Kopf – ein bisschen wie die Stiftung Warentest bei ihren Produkttests. Doch so einfach ist es nicht: „Wir vergeben keine Noten“, sagt Seidel. „Jeder Simulator hat sein Einsatzgebiet. Wir haben einen Katalog erstellt, der verschiedene Kriterien umfasst“, sagt Schweiger. Damit erleichtern sie den Kollegen, die auf der Suche nach dem passenden Simulator sind, die Arbeit wesentlich.

QuBits sind keine Bits

Ein Simulator kann eine Kommunikation zwischen Alice und Bob nachstellen und QuBits hin- und herschicken. Qubits sind im Quantencomputing nicht direkt mit den Bits im klassischen Computing vergleichbar. Der große Unterschied: klassische Bits können nur entweder den Wert 0 oder den Wert 1 annehmen; im Gegensatz dazu können Qubits beliebige Überlagerungszustände zwischen 0 und 1 annehmen, sind aber nur sehr kurze Zeit stabil und zerfallen dann. Im Gegensatz zum klassischen Bit können sie auch nicht ausgelesen und kopiert werden, ohne ihre komplexen Zustände zu verlieren. „Deshalb ist auch das Abhören nicht möglich, denn dazu müssten die Teilchen kopiert werden“, erklärt Schweiger. „Im Simulator kann man die Qubits hin- und herschicken. Dadurch weiß man wie lange sie stabil sind und ab wann die QuBits neu erzeugt werden müssen.

Wer tiefer in die Welt der Quantentechnologie und Quantensimulatoren eintauchen möchte, findet auf dem Webauftritt des DFN-WiN-Labors weitere Informationen.

* Alice und Bob sind keine realen Personen, sondern die klassischen Dummy-Namen für Kommunikationspartner im Netz.


Text: Corinna Russow